Feier zum 75. Geburtstag von Myroslaw Marynowytsch in der Philharmonie Lwiw
Montag, 22. Januar, 2024
Myroslaw Marynowytschs 75. Geburtstag wurde öffentlich und dem Wesen des Jubilars entsprechend bescheiden in der Lemberger Philharmonie gefeiert. Hier die Würdigung der Universität, die Rede des Jubilars und zuletzt meine Worte zu seinem Geburtstag:
Am 21. Januar versammelten sich Freunde, Verwandte, die Familie, die Gemeinschaft der katholischen Universität und der Stadt Lemberg in der Nationalphilharmonie, um auf Wunsch von Myroslaw seine geliebten Weihnachtslieder zu singen und ihm zu seinem 75. Geburtstag zu gratulieren.
Foto: Ljuba und Myroslaw Marynowytsch im Saal der Philharmonie
Metropolit Borys Gudziak aus Philadelphia, Präsident der Universität, sagte, dass er 12 Jahre lang die Ehre hatte, neben Myroslav Marynowytsch im Rektorat zu sitzen. "Wir alle, Myroslaw, haben mit dir studiert, später gelehrt, oft gemeinsam gelacht und gescherzt. Einige von uns haben auch mit Myroslaw gesungen. An diesem Ort, den Gott uns geschenkt hat, und eine so vielen eine hervorragende Ausbildung ermöglicht, sind wir gross geworden. Wir wollten nicht etwas kleines, sondern etwas, was weit über die Stadt hinaus in unser Land hinausstrahlt."
Der Bischof bemerkte auch: "Es gibt nicht viele Menschen in der Art wie Myroslav Marynowytsch unter den vielen Millionen von Leuten in der Ukraine. Schon in seinen jungen Jahren nahm er seine Berufung an, den Behörden zu sagen: "Nein, ich mache nicht mit! Als er vom KGB gefragt wurde: "Bist du für oder gegen uns", antwortete Myroslaw sehr klar: "Gegen euch", und er kannte den Preis dafür. Unser Herr schenkte ihm auch eine besondere Mutter, eine mutige Schwester und später eine ebenso mutige Frau. Und er gab ihm immer wieder besondere Aufgaben.
Die Freundschaft mit den beiden Marynowytsch war für viele gefährlich. Die meisten Leute mieden die Familie während seinen dunklen Jahre in der Untersuchungshaft, dem Lager und der Verbannung. Aber durch all das Schreckliche führte unser Herr Myroslaw, stärkte und mässigte seinen Geist, und schenkte ihm lange einsame Stunden in unzähligen Tagen in der Einzelhaft, wo er zu unterscheiden lerne, was Wahrheit und Lüge, was gut und was böse ist. Seine Schatzkammer der Erkenntnis und Weisheit füllte sich dabei mehr und mehr.
Als die Ukraine von ihren Knien endlich aufstehen und eine Nation werden konnte, war Myroslaw Marynowytsch bereit, mitzuhelfen und die nötigen Schritte zu verstehen. Er war der Prophet unter uns, der die Zeichen der Zeit lesen konnte und Worte fand, die auch halfen, das alles besser zu verstehen. Schon längst du dich zurückziehen, dir ein ruhiges Leben gönnen und uns sagen können: "Nun seid ihr dran!" Doch zu hast uns in so vielen großen Fragen , Herausforderungen und Krisen nicht alleine gelassen.
Wenn wir einen Mann wie Myroslaw Marynowytsch unter uns haben, müssen wir auch mutig sein! Das ist nicht nur seine Aufgabe. Er hat uns das Vorbild gegeben. Wir sind durch ihn bereichert worden. Herzlichen Glückwunsch, lieber Myroslaw!"
"Eure Eminenz und lieber Bischof Boris!
Liebe Gemeinde! Liebe Freunde!
Christus ist geboren!
Ich bin dir, Herr Bischof, und der gesamten Gemeinschaft der Universität unbeschreiblich dankbar für dieses wunderbare Geschenk an heutigen Tag für mich. Deine Worte berühren meine Seele und machen mein Herz glücklich, auch wenn ich der anderen, egoistischen Hälfte in mir befehle: "Hör besser nicht hin, damit ich nicht hochmütig werde!" Dein seelsorgerliches Wort heilt immer wieder so viele Wunden des Lebens - kein Wunder bei dir, denn ein guter Pfarrer ist auch ein guter Psychotherapeut. Nochmals herzlichen Dank!
Dieser Abend wurde auf Initiative von Bischof Boris zu meinem 75. Geburtstags veranstaltet. Doch für mich ist der tiefere Sinn dieses Abends ein anderer.
Es herrscht Krieg, ein brutaler und wirklich teuflischer Krieg. Menschen sterben, unsere Infrastruktur wird zerstört, die ganze Ukraine Land stöhnt. Unsere Seelen sehnen sich nach Licht, Menschlichkeit und Wärme. Wir suchen die Nähe wie die Kämpfer im Schützengraben, um uns warm zu geben und unsren Glauben nicht zu verlieren, dass das Gute siegen wird.
Das Licht wird siegen. Der Herr, der heute in unserer Mitte ist, verheisst es uns in seinem Wort. Zu seiner Ehre haben wir uns heute versammelt. Obwohl der Fürst dieser Welt wütet, ist uns Herr der wahre Herr über die menschliche Geschichte und unser Schicksal. Dazu eine wunderbare Illustration aus meinem eigenen Leben. Noch im Lager am Ende meiner Gefangenschaft sagte mir ein KGB-Offizier: "Glaubst du, du kannst wieder zurück einmal in die Ukraine? Das kannst du vergessen, solange du nicht bereust, was du getan hast!" Ich bereute nicht und kehrte dennoch in die Ukraine zurück, als der Gulag der Sowjetunion zusammenbrach. Als ich in Drohobytsch zurück war, sagte mir ein anderer KGB-Offizier: "Wir werden dich in Ruhe lassen, du kannst nun frei leben, aber ins Ausland lassen wir dich sicher nicht reisen." Bis heute habe ich 39 Länder bereist und war z.B. 22mal in den Vereinigten Staaten. Das kommunistische Imperium dagegen zerbrach. Heute prahlt erneut ein KGB-Offizier, dass er die Ukraine "entnazifiziert" und ihrer Unabhängigkeit eine Ende setzt. Doch die Ukraine wird überleben und "unter den Nationen der freien Welt leuchten", und Putin und seine Kumpanen werden die starke und gerechte Hand Gottes erfahren.
Vom irdischen Standpunkt her gesehen erscheint uns manchmal das menschliche Schicksal ungerecht. Ich habe das große Glück, meinen 75. Geburtstag im Kreis meiner geliebten Mitmenschen feiern zu dürfen. Mein Kamerad Valery Marschenko starb nach nur 37 Jahren im Gulag, umgeben von Feinden. Mögen meine Kameraden mir verzeihen, dass ich glücklich und schon so lange leben darf, und möge Gott mir helfen, wenigstens einen Bruchteil dessen zu verwirklichen, was ihnen möglich gewesen wäre.
Neben allen, die mir meinen Weg ermöglicht haben, will ich heute noch einer anderen Kategorie von Ukrainern danken - unseren Verteidigern. Sie sind es, die durch ihre Aufopferung die Keime der neuen Ukraine vor unserem Feind schützen, von denen einige in ihrer unzähmbaren Lebensenergie aufgeblüht sind - zum Zorn der Moskauer Chauvinisten. Möge unser Herr unsere Helden, die ihr Leben für diese Sache geben mussten, dort den Frieden finden, wo die Gerechten in Frieden leben! Und möge unser Herr diejenigen, die Waffen in den Händen halten, vor allem Leid bewahren und ihre körperlichen und seelischen Verletzungen heilen!
Ich wünsche euch allen, dass 2024 ein gesegnetes Jahr für euch und eure Familien werden darf und ebenso für unsere verwundete Ukraine - und ebenso diese krisengeschüttelte Welt. Möge es das Jahr werden, in dem Gott dem Bösen sagt: "Genug ist genug!".
Christus ist geboren! Ruhm für die Ukraine!
Ich schrieb auf Facebook:
Es trifft für Myroslaw zu, was uns in der Bibel verheissen ist: „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ (1. Johannes 5,4)
Für mich ist es das, was er in seinen Memoiren in aller Wahrhaftigkeit und ohne jede Übertreibung geschrieben hat, ein wahres Zeugnis der Existenz Gottes. Myroslaw selbst ist ein lebendiges Zeugnis der Macht und Herrlichkeit Gottes.
Als ich damals nach dem Beginn des grossen Krieges „zufällig“ auf der Homepage der UCU den Hinweis auf die Memoiren in der englischen Übersetzung fand, kaufte ich das Buch ohne Ahnung, was das mit mir machen wird. Immer wieder konnte ich es nicht fassen, was Myroslaw erlebt hat, seinen jugendlichen Mut, sein Schritt zu einem der Gründungsmitglieder der ukrainischen Helsinki Gruppe im vollen Bewusstsein, was es bedeuten wird, sein Wille, sich nicht brechen zu lassen. Und immer wieder war da bei mir das Erschrecken über die Dämonie der damaligen Sowjetunion und ihrer Handlanger.
Und Gott tat selbst, was sein Sohn uns im Evangelium sagte: "Ihr habt Gefangene besucht - und ihr habt damit mich selbst besucht". Gott hat Myroslaw im Gefängnis besucht, sich ihm auf eine besondere Weise offenbart und ihn weiter begleitet bis zum heutigen Tag geschützt und bewahrt und eine wunderbare Frau geschenkt.
Gott gehört dafür die höchste Ehre. Möge Myroslaw weiterhin eine starke und prophetische Stimme bleiben - gerade heute in dieser unglaublich schwierigen Zeit, in der so manche in der Gefahr stehen, die Hoffnung zu verlieren. Möge seine Stimme noch stärker in die Welt hinaus erstrahlen, ermutigen und ermahnen, nicht nachzulassen bis zum Sieg.
Du, Myroslaw, hast mich im Oktober bei deiner Umarmung beim Abschied nach dem Abend an der Universität Zürich väterlich und priesterlich gesegnet, und ich dich ebenso auch.
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