· 

Wer braucht diesen Krieg? Eine Reaktion auf einen Leserbrief

Die Verdrehung der Wahrheit

 

Heute konnte ich nicht anders, als einen Leserbrief zu schreiben als meine Reaktion zum folgenden Leserbrief, der eine Haltung vertritt, die leider in einigen Kreisen ziemlich verbreitet ist.

 

Bild: Aquarell von Danylo Movchan, Lviv

 

Hier dieser Leserbrief:

 

Putin wird weiter provoziert

 

Das Wichtigste vorweg: Krieg ist abscheulich und abzulehnen, egal, von wem er begonnen wird. Krieg ist das ultimative Mittel, um eine (gefühlte) militärische Bedrohung abzuwenden. Die aggressive

Ausbreitung des militärischen Nato-Bündnisses ostwärts ist für Putin und Russland eine schwere Provokation. Wer hat schon gerne den «Feind» vor der Haustüre? So sind Putins Worte zum Einmarsch in die Ukraine nachvollziehbar: «lhr habt es so gewollt.»

 

Schon die Nato-Beitritte der zu Russland angrenzenden Staaten Estland und Lettland waren Putin ein Dorn im Auge. Diese Länder waren anscheinend zu klein und unbedeutend, im Gegensatz zur Ukraine. Nun war es einfach genug. Und er Westen weiss nichts Gescheiteres, als rasch

den Nato-Beitritt von Finnland durchzuwinken; ein Land mit einer langen gemeinsamen Grenze mit Russland. Dieser Akt könnte wirklich eine neue Ära herbeiführen, nicht nur für Finnland. Es ist

denkbar, dass Putin dies zum Anlass nimmt, einen Atomkrieg anzuzetteln. Putin wird erst dann an den Verhandlungstisch für einen Waffenstillstand oder gar Frieden zu bewegen sein, wenn er eine

Chance sieht für eine garantierte, paktfreie Sicherheitszone entlang der Grenzen zum Westen.

 

Genauso hartnäckig scheint ja auch die Ukraine an ihren Grenzen inklusive Donbass und Krim zu hängen. Selenski versucht sogar, eine Nato-Mitgliedschaft anzustreben. Unter solchen Vorzeichen ist leider mit einem langen, vielleicht jahrelangen Krieg zu rechnen. Und je stärker sich Westeuropa mit

Waffenlieferungen an die Ukraine engagiert, umso mehr wächst die Gefahr einer Ausbreitung des Krieges. Das wissen auch die Politiker und agieren entsprechend zögerlich.

 

Robert Bär, Rothrist

 

 

Hier meine Entgegnung:

 

Wer braucht diesen Krieg?

 

Wer eigentlich ist für den Krieg in der Ukraine verantwortlich? Gemäss dem Leserbrief von Robert Bär ist «die aggressive Ausbreitung des militärischen NATO-Bündnisses für Putin und Russland eine schwere Provokation.» Putin blieb also gar nichts anderes übrig, als militärisch zu intervenieren. So seine Logik.

 

Eine der Tricks der russischen Kriegspropaganda ist genau diese Verdrehung der Wahrheit bzw. das Spiel mit scheinbaren Fakten. Niemand zwang Putin zu diesem Krieg ausser er selbst und der Wahn, in den er sich gesteigert hat. In seiner Rede zur Nation bezeichnete Putin 2005 den Zerfall der Sowjetunion als die grösste geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Sein Ziel ist es, dies zu korrigieren und das verlorene Imperium wiederherzustellen. Dazu scheut er keine Gewalt und versucht auch, den Westen möglichst zu schwächen. Innenpolitisch hat er systematisch sämtliche Opposition ausgeschaltet und dazu die «alt-bewährten KGB-Methoden» angewandt bis hin zu Vergiftungen und den Straflagern. Wer sich damit beschäftigen will, sei die Lektüre des Buches «Putins Schwarzbuch» empfohlen, herausgegeben von Galia Ackerman und Stèphande Courtois.

Innern wir uns zurück an den Fall der Berliner Mauer und in der Folge davon die Auflösung der Sowjetunion. Für die Menschen, die ausserhalb Russlands davon betroffen waren, war dies eine gewaltige Befreiung nach dunkeln Jahrzehnten hinter dem «Eisernen Vorhang».

 

Natürlich war der Übergang in eine freiheitliche Gesellschaft im Rahmen eines demokratischen Rechtsstaates nicht einfach. Zunächst führte es zu chaotischen Verhältnissen, dann aber in vielen der mitteleuropäischen Gesellschaften zu einer erfolgreichen Transformation. Wer die baltischen Staaten, Tschechien, Slowenien, Polen oder die Slowakei heute bereist, kann nur staunen im Vergleich zu vorher. Dieser Erfolg war auch möglich dankbar der Unterstützung der EU. Nicht überall ist die Transformation so gut gelungen (Rumänien, Bulgarien – die Beseitigung der Korruption ist eine schier unlösbare Herkulesaufgabe).

 

Die Möglichkeit, Teil der westlichen Gesellschaft sein zu dürfen und sich als freie Nation entwickeln zu dürfen, ist auch der Traum der Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung, auch im russisch-sprachigen Teil. Dafür ist das Land bereit, zu kämpfen und unglaubliche Opfer zu tragen. Doch ohne Unterstützung des Westens ist dies nicht möglich.

 

Alle diese Länder litten unter den Folgen des Zweiten Weltkrieges und wurden nach Kriegsende ohne gefragt zu werden, dem Machtbereich von Stalin zugeordnet. Dass sie heute frei sein dürfen, ist auch eine ausgleichende Gerechtigkeit. Alle diese Länder wissen aber, dass Freiheit auch Schutz braucht, Verteidigung. Genau deshalb suchten sie den Weg in die NATO. Die Erfahrung mit Russland im Laufe der Geschichte und besonders mit der Sowjetunion hat sie misstrauisch gemacht. Und der Zustand des heutigen Russlands gibt ihnen mehr als nur recht.

 

Zudem ist es eine Mär, zu glauben, dass die NATO Russland überfallen will. Dieser Schritt wäre in unserer westlichen Gesellschaft niemals tragfähig. Wer braucht diesen Krieg eigentlich? Letztlich nur die egomane Machtgier Putins und seiner Bande.

 

 

Max Hartmann, Zofingen

 

Mehr zu Propaganda:

Macht durch Fake News? - Blog Max Hartmann (max-hartmann.ch)

Wie funktioniert die russische Propaganda - Blog Max Hartmann (max-hartmann.ch)

Die Macht der Lüge - Blog Max Hartmann (max-hartmann.ch)

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Maria (Samstag, 15 April 2023 22:04)

    Guet gmacht,gschriebe,max.
    Wünsche dir e guete sunntig,bis gsägnet ond treit. Lg naria