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Das Werk von Danylo Movchan - Eine Einladung zur Meditation

Gottes Schöpfung

 

In der kommenden Zeit möchte ich mich näher mit dem Werk des Ikonenmalers Danylo Movchan beschäftigen. Hier ein Beginn, dem laufend neue Elemente zugefügt werden. Mein Dank geht an Danylo, dessen Werke mich inspirieren.

 

Eines der Hauptthemen im Schaffen des Ikonenkünstler Danylo Movchan aus Lemberg ist immer wieder die Schöpfung Gottes und damit die Frage: «Woher kommen wir und wie sind wir?».

 

TEIL I

 

Mein Ausgangspunkt ist die Ikone «Meditation». Sichtbar ist ein Mensch in kniender, staunender, anbetender Haltung. Vor ihm ein übergrosser quadratischer reiner goldener Grund, mit blau umrandet, die himmlische Wirklichkeit mit ihrem ewigem Glanz.

 

Er selbst kniet wie auf einem Teppich, der durchtränkt mit Rot, vorne im Feld intensiver. Oder ist es der Erdboden, durchtränkt durch Blut? Abels Blut, das nach dem Totschlag von Kain zum Himmel schreit? Es erinnert an das viele vergossenes Blut, die blutige Geschichte der Menschheit.

 

Der Kniefall ist auch ein Ausdruck des Respektes und des Bewusstseins eigener Unwürde, das Bewusstsein der Grösse Gottes und eigenen Versagens und Schuld. Ein Eingeständnis der dunklen Seite des Menschseins. Ob wir es wollen oder nicht, wir werden schuldig und bleiben manches schuldig. Und andere an uns. Wohin damit, was sich nicht einfach ungeschehen machen lässt? Gibt es Sühnung? Versöhnung? Oder bleiben wir für ewig behaftet?

 

Sind wir in den Augen Gottes definitiv Sünder? Verfehlte Wesen? Die Schöpfung des Menschen ein Reinfall?

 

Menschsein: Ich bin aus Erde geschaffen und werde wieder zu Erde. Vergängliche Wesen. Und doch mehr. Es gibt den Goldgrund.

 

«Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, als unser Bild, uns ähnlich. Und Gott schuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er ihn. Und Gott segnete sie.» (Genesis 1)

 

Das «Gold» an uns: Gott an uns. Unsere spezielle Würde – Ebenbild Gottes. Die unwiderrufliche Würde eines Menschen. Jedes Menschen. Das Recht auf Menschenwürde. Das Menschenrecht. Unantastbar. Nichts kann, nichts darf es uns rauben. Wer sich daran vergeht, vergeht sich an Gott.

 

Und noch ein Hinweis: Dieses Blau, dasselbe Blau wie in der Umrandung des goldenen Feldes.

 

Blau: der Atem, der Geist. «Gott bildete den Menschen aus Staub von Erdboden und blies Lebensatem in seine Nase. So wurde der Mensch ein lebendiges Wesen.» (Genesis 2)

 

Jeder Atemzug ist ein Zeichen des Lebens – Gott an und in uns. «Alles, was Odem hat, lobe den Herrn.» (Psalm 150)

 

Meditation – so der Titel des Bildes. «Meditari»: „Nachdenken, nachsinnen, überlegen, Mitte finden“. Menschsein als Bewusst-Sein. Der Mensch als nachdenkliches Wesen. Die Einladung, bewusster zu leben.

 

Der Mensch auf der Suche nach Sinn. Die Suche nach «Gold» - Unvergänglichem, dem Wertvollen, dem Wertvollsten.

 

Gottes Engel spricht zur Gemeinde von Laodizea: «Du sprichst: Ich bin reich und habe mehr als genug und brauche nichts!, und weißt nicht, dass du elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß. Ich rate dir, dass du Gold von mir kaufst, das im Feuer geläutert ist, damit du reich werdest, und weiße Kleider, damit du sie anziehst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde, und Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du sehen mögest.» (Offenbarung 3)

 

Erkenne ich meine Bedürftigkeit? Auch meine innere Bedürftigkeit? Meine Sehnsucht nach mehr - mehr als was diese Welt mir bieten kann und mir eh einmal genommen wird?

 

Gesegnete Sehnsucht nach Sinn! Gesegnetes Suchen. «Bittet, so wird euch gegeben. Suchet, so werdet ihr finden. Klopft an, so wird euch aufgetan.» So Christus in der Bergpredigt.

 

Zum weiter Nachdenken

Suchen und Finden: Was löst das in mir aus? Suche ich? Habe ich gefunden? Wo? Was denn? Gebe ich mich zufrieden, mit dem, was ich gefunden habe? Bleibe ich weiter auf der Suche, noch tiefer bei dem, was ich schon finden durfte? - Vielleicht dankst du dann Gott mit kurzen Worten, was du finden durftest und sagst ihm: "Du siehst meine Sehnsucht. Ich suche nach mehr - mehr, was mich wirklich befriedigt."

 

Oder bleibe ich stehen? Statisch und selbstzufrieden. Oder bleibe ich neugierig, dynamisch, weiterhin bewegt?

 

Praktische Idee

Und zum Abschluss: Stehe auf oder setze dich mit aufrechtem Rücken hin. Achte auf deinen Atem -  Gottes Odem in dir. Wie fühlst du ihn? Lass es atmen. Dann kannst du auch bewusst einatmen, auf drei zählen, ausatmen, auf sechs zählen - und das zehnmal. Wie fühlst du dich nachher?

 

 

TEIL II

Der spielende, der verspielte Gott

 

Danylo hat seiner Ikone den Titel «Die Schöpfung» gegeben. Mittendrin ist Christus zu sehen, in der einen Hand eine Schriftrolle. Enthält sie den genialen Plan von Gottes Schöpfung?

 

Die Schöpfung. Der Anfang dieser Welt. Die Tatsache, dass überhaupt überhaupt etwas ist, etwas geworden ist und weiter wird. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Die Wissenschaft versucht es zu erforschen, spricht vom Urknall, der Evolution, einer höchst komplexen Entwicklung von der Urzelle bis hin zum menschlichen Wesen. Manche meinten damit, das Geheimnis zu kennen und Gott weg zu erklären als Ursache aller Dinge.

 

Doch kann uns die Wissenschaft eine Antwort auf die uns alle bewegende Ur-Frage nach dem Ursprung geben, wie aus Nichts etwas geworden ist, wie es zum Urknall kam? Reicht dazu das Wort Zufall? Bin ich letztlich zufällig? Gibt es eine Erklärung für die Entstehung des Universums ohne die Annahme von «etwas wie Gott»? Gott als Ursprung aller Dinge.

 

Die Schöpfung, Entstehung des Universums ist und bleibt in ihrem Wesen ein  unerhört grosses Mysterium. Ein Geheimnis, das kein Mensch fassen kann - sich aber davon staunend und ehrfürchtig berühren lassen kann, immer wieder. Am besten wie kleine Kinder, die Dinge am Wegrand sehen, die ich übersehe oder gegenüber ihrem Wunder gleichgültig geworden bin. Staunend werden ich dankbar. Gottes Schöpfung lädt mich jeden Tag neu zur Entdeckung. Sie regt unseren Forschungsdrang an, der nie zu Ende sein wird, da immer noch mehr kommt, was unerforscht ist, ungeklärt.

 

Im Schöpfungsbericht, dieser unerhörten Dichtung, die dem Geheimnis der Schöpfung eine Sprache gibt, erscheint ein «Wir»: «Lasst uns Menschen machen nach unserem Bild» - heisst es zum Abschluss. Die Schöpfung wird hier als himmlisches Gemeinschaftswerk betrachtet. Stellvertretend sitzt hier Christus im Bild - und damit Gott – wie er sich uns Menschen zeigt. Christus streckt seine Hand aus im Zeichen des Segens. Gesegnete Schöpfung! Auch er kann nur staunen..

 

Die Ikone hat etwas Verspieltes. Wie Seifenblasen erscheinen Kreise und darin, was geworden ist. Am Himmelszelt, in den Lüften, im Meer, auf der Erde, in der Erde. Die unendliche Vielfalt von Formen und Wesen der unbelebten und belebten Schöpfung. Farbig und phantasievoll. Ein unglaublicher Zoo. Eine unerhörte Flora. Ein Universum an unterschiedlichen Steinen und Himmelskörpern.

 

Wie wäre es wohl, wenn der Mensch es erschaffen hätte? Wäre es eine langweilige Welt, einfältig, wenig phantasiereich mit unserer beschränkten Kreativität?

 

Die Schöpfung – das Werk eines spielenden, verspielten Gottes. Die Bibel nimmt es später selbst auf. Die Gotteskraft der Schöpfung wird als «Weisheit» bezeichnet, als schaffende personifizierte Energie. Im Hebräischen «Chokmah» - tiefe Einsicht in Lebenszusammenhänge. «Weisheit (altgriechisch σοφία sophía, lateinisch sapientia) bezeichnet vorrangig ein tiefgehendes Verständnis von Zusammenhängen in Natur, Leben und Gesellschaft sowie die Fähigkeit, bei Problemen und Herausforderungen die jeweils schlüssigste und sinnvollste Handlungsweise zu identifizieren» (Wikipedia). Weisheit also eine Gottesgabe auch an uns Menschen?

 

Der Dichter der «Sprüche» schreibt voller Poesie (Kapitel 8):

 

22 Der HERR hat mich geschaffen am Anfang seines Wegs, vor seinen anderen Werken, vor aller Zeit. 23 In fernster Zeit wurde ich gebildet, am Anfang, in den Urzeiten der Erde. 24 Als es noch keine Fluten gab, wurde ich geboren, als es noch keine wasserreichen Quellen gab. 25 Bevor die Berge eingesenkt wurden, vor den Hügeln wurde ich geboren, 26 als er die Erde noch nicht geschaffen hatte und die Fluren und die ersten Schollen des Erdkreises. 27 Als er den Himmel befestigte, war ich dabei, als er den Horizont festsetzte über der Flut, 28 als er die Wolken droben befestigte, als die Quellen der Flut mächtig waren, 29 als er dem Meer seine Grenze setzte, und die Wasser seinen Befehl nicht übertraten, als er die Grundfesten der Erde festsetzte, 30 da stand ich als Werkmeisterin ihm zur Seite und war seine Freude Tag für Tag, spielte vor ihm allezeit. 31 Ich spielte auf seinem Erdkreis und hatte meine Freude an den Menschen.»

 

Der spielende, der verspielte Gott. Markus Lersch schreibt im Aufsatz: «Deus ludens» - der spielende Gott, Überlegungen zu Sprüche 8,22-31»:

 

«Deus ludens – der spielende Gott – Gott ist ein Spieler. Wird der Mensch in der neueren Anthropologie mit einigem Recht als homo ludens, als spielender Mensch, bezeichnet, so kann dies mit umso grösserem Recht von Gott gelten. Die Vorstellung eines spielenden Gottes oder spielender Götter ist ein menschlicher Archetyp, ein Urmythos der Menschheit, der nahezu alle Religionen und Kulturen durchzieht. …

 

Gott als Spieler, Welt und Mensch als Spielzeugt. Lässt sich dieser Mythos auch christlich lesen, ist es möglich, den christlichen Gott als Deus ludens zu begreifen?»

 

In der Folge weist der Theologe auf Sprüche 8 hin als Ausgangspunkt seiner Überlegungen und damit zur Frage: Worin liegt der positive Wert des Spiels? Schiller meinte: «Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.» Lersch formuliert acht Thesen zum positiven Charakter des Spielens (ja, das andere gibt es auch, bis hin zur Spielsucht!):

 

-     - Spielen ist zweckfrei – ein menschliches Tun, das keinem vordergündigen, kurzfristigen Zweck dient und insofern der «Zweckfreiheit» des Menschen selbst entspricht. 

-     - Spielen dient der Zerstreuung und Erholung – nützt dem Menschen als Gegenpol, als Kompensation zur zweck- und stressbeherrschten Alltagswelt. 

-     - Spielen ermöglicht zugleich Sammlung und Konzentration.

-     - Spielen erfordert Hingabe und Engagement. 

-     - Spielen ist harmonisch-unkritisch (kindlich-naiv). 

-     - Spielen impliziert Freude und Weltzustimmung. 

-     - Spielen ist kreativ. 

-     - Spielen ist ein Beziehungsgeschehen mit bestimmten Rollen. 

-     - Spielen hat eine wichtige Sozialfunktion. 

-     - Dem Spielen eignet eine eigene Zeitstruktur (man lässt sich einfach darauf ein und vergisst dabei die Zeit).

 

M   Martin Lersch kommt zum Schluss: «Erlaubt diese Schilderung nicht auch die Rede vom christlichen Gott als Deus ludens?» Entspricht sie nicht sehr gut dem Wesen des biblischen Gottes gerade in seinem Schöpfungswirken?

 

  Z

      Zur Meditation 

-    - Lies den biblischen Schöpfungsbericht  in 1. Mose 1-2,4 so wie ein Gedicht. Was macht es mir dir?

         1.Mose 1 | Zürcher Bibel :: ERF Bibleserver

 

      - Wo in meinem Leben hast du über Gottes Schöpfung einfach nur staunen können und bewegt dich bis heute? Finde ich dazu Bilder auf meinem Handy?

 

 

TEIL III

Heilige Erotik

 

«Steh auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm her!» Diesen Titel hat Danylo Movchan seiner Ikone gegeben. Einander gegenüber ruhen sie, die beiden - Adam und Eva - und nackt, wie sie sind.. Ihre rechte Hand zeigt ihre Zuneigung. Sie sind beieinander, freuen sich aneiander.

 

Im zweiten Schöpfungsbericht steht nach Schöpfung des Menschen (hebräisch Adam) geschrieben:

 

«Und der Herr, Gott, nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, damit er ihn bebaute und bewahrte.»

 

Im Unterschied zum ersten Schöpfungsbericht wird der Auftrag des Menschen nicht mit «Der Mensch soll sich die Erde untertan machen» bezeichnet, sondern mit den Worten «bebauen und bewahren».

 

Wobei beachtet werden muss, dass im biblischen Verständnis echte Herrschaft eine den Menschen dienende Funktion hat. Ganz ausgeprägt erscheint dies bei Jesus:

 

«Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker unterdrücken und die Grossen ihre Macht gegen sie einsetzen. Unter euch soll es nicht so sein, sondern: Wer unter euch gross sein will, sei euer Diener,

und wer unter euch der Erste sein will, sei euer Knecht,  so wie der Menschensohn nicht gekommen ist, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.» (Matthäus 20,26-28)

 

Der Auftrag des Menschen ist somit ein sorgfältiger, die Ressourcen erhaltenden Umgang mit der Schöpfung.

 

Mit diesem Auftrag ist die Schöpfungsgeschichte aber noch nicht zu Ende. Es erfolgt ein für das Menschsein entscheidender weiterer Eingriff, in poetisch-anschaulicher Sprache ausgedrückt:

 

«Und der Herr, Gott, sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei. Ich will ihm eine Hilfe schaffen, ihm gemäss. … Da liess Gott, der Herr, einen Tiefschlaf auf den Menschen fallen, und dieser schlief ein. Und er nahm eine seiner Rippen heraus und schloss die Stelle mit Fleisch. Und der Herr, Gott, machte aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau, und führte sie dem Menschen zu. Da sprach der Mensch: Diese endlich ist Gebein von meinem Gebein und Fleisch von meinem Fleisch. … Und die beiden waren nackt und schämten sich nicht voneinander.»

 

Die Ikone von Danylo Movchan trägt den Titel «Steh auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm her.» Es ist ein Zitat aus dem «Lied der Lieder», dem Hohenlied – einem Text, der in seinem Ursprung die Freude Verliebter besingt und sich nicht vor erotischen Aussagen scheut. Erst später wurde der Text theologisch als Liebe zu Gott gedeutet und damit seines Ursprungs beraubt.  

 

Die Verliebte singt (aus Hoheslied 1):

«Er küsse mich mit Küssen seines Mundes!

Köstlicher als Wein ist deine Liebe,

 köstlicher als der Duft deiner Salböle.

Ausgegossenes Salböl ist dein Name,

darum lieben dich die jungen Frauen.

Zieh mich mit dir! Lass uns eilen!

Der König hat mich in seine Gemächer geführt.

Lass uns jauchzen und uns erfreuen an dir,

deine Liebe rühmen mehr als den Wein.»

 

Der Verliebte (aus Hoheslied 4):

 «Du bist so schön, meine Freundin! Du bist so schön!

Lieblich ist dein Mund.

Deine beiden Brüste sind wie zwei Kitze,

Zwillinge einer Gazelle,

die in den Lotosblumen weiden.

Honigseim träufelt von deinen Lippen, Braut,

Honig und Milch sind unter deiner Zunge,

und der Duft deiner Gewänder ist wie der Duft des Libanon.

Alles ist schön an dir.»

 

Gott erscheint in der Schöpfung als Gott, der sehr wohl die Wünsche und Bedürfnisse des Menschen kennt. Der Wunsch nach Partnerschaft, nach Beziehung, nach gemeinschaftlichem Leben – und nach Zukunft. Nach Freude aneinander, nach Erotik und Sexualität. Nackt sind die beiden – und sie schämen sich nicht. Geheiligte Erotik in Gottes Namen!

 

TEIL IV

Die Schöpfung feiern

 

Gottes Schöpfung ist vollendet – vollkommen und heilig. Die Symbolik der Ikone von Danylo Movchan unterstreicht es mehrfach.

 

Christus sitzt in einer Mandorla als Ausdruck der Herrlichkeit Gottes. Sie hat hat vier Einrahmungen von ihnen her wachsend ins kräftige Rot als Ausdruck von Kraft, Leidenschaft, Liebe und Leben (Blut). Die Zahl vier erinnert an die Himmelsrichtungen und umfasst damit alles. Christus trägt den Heiligenschein als Ausdruck seiner besonderen Ausstrahlung. Im Schein ein dreifacher Balken in violett gehalten– der Farbe der Gegenwart des Geistes Gottes; das Kreuz auch als Zeichen einer späteren besonderen Mission. Die Dreizahl erinnert aber auch daran, wie Gott sich den Menschen in seiner Vielfalt und Ganzheit offenbart – als Vater, Sohn und Heiliger Geist.

  

Christus, in dem Gott später sich der Menschheit offenbaren wird als Erlöser (in sich trägt dies bereits in sich, zu sehen wie in einem Mutterleib in der Form eines Eies, wieder in der roten Farbe der Leidenschaft erhebt seine Hände zum Zeichen des Segens. Ja, das Werk seiner Schöpfung ist vollendet und es ist vollkommen.

  

«Und siehe, es war sehr gut!» So die Bilanz Gottes im Rückblick auf den Millionen von Jahren kreativen schrittweisen Prozesses – vom Chaos zu einer wunderbaren Ordnung im Universum: den Himmelslichtern bis hin unserem eigenen Planeten mit seiner unglaublichen Fauna in den Lüften, dem Wasser, dem Erdboden und seiner grandiosen Flora. Und zum Schluss den Menschen als Ebenbild Gottes.

   

«Und so wurde vollendet Himmel und Erde und ihr ganzes Heer.  Und Gott vollendete am siebten Tag sein Werk, das er gemacht hatte, und er ruhte am siebten Tag von all seinem Werk, das er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn, denn an ihm ruhte Gott von all seinem Werk, das er durch sein Tun geschaffen hatte.

Dies ist die Geschichte der Entstehung von Himmel und Erde, als sie geschaffen wurden.»

  

So endet der erste Schöpfungsbericht mit seiner wunderbaren, immer wieder berührenden Poesie.

 

Sie lädt ein zur Mit-Freude: Mitfreude mit Gott, der voller Staunen und innerem Frieden sein Werk in seinem Glanz betrachtet – eine Einladung zu einer tiefen Spiritualität der Schöpfung.

 

So kommt es uns beim Schreiber des Psalmes 104 entgegen:

 

https://www.bibleserver.com/ZB/Psalm104

 

Hier in der Sprache des biblischen Hebräisch und in der Version von Martin Pepper:

  

TEIL V

Der Garten Eden und die menschliche Freiheit

 

Auch dieser Teil des biblischen Urmythos (siehe Erklärung am Schluss) beziehungsweise der menschlichen Urgeschichte, die in uns allen schlummert als Teil unserer menschlichen Sehnsucht und Erfahrung, ist voller fiefster Symbolik und existentieller Bedeutung.

 

Im biblischen Bericht erscheint Gott als Gärtner und bepflanzt ihn als das Paradies Eden. Der Name geht zurück auf das gleichlautende hebräische Wort Eden, das Wonne/Wonneland bedeutet – ein Ort der Sehnsucht, den wir zu bewohnen wir uns wünschen.

 

Danylo Movchans Kunst ist minimalistisch gefasst und voller Symbolik – er beschränkt sich immer wieder auf das für ihn Wesentliche. Wie jeder echte Künstler, kommentiert er sich nicht und lädt die Betrachter einfach ein,  sich berühren zu lassen und sich zu vertiefen, selbst zum Wesentlichen, zur Tiefe zu finden.

 

Beherrschend im Bild ist das goldene Feld – ein grosses Stück Himmel mitten auf Erden. Das Gold – die Herrlichkeit Gottes, das Vollkommene, das Ewige, das Unvergängliche – und Gottes Schöpfung als Abglanz dessen:

 

Abglanz – Reflex – Widerschein des glänzenden Lichtes – etwas, wo etwas anderes noch spürbar ist (Duden).

 

Das goldene Feld hat eine dreifache Umrahmung – am nächsten beim Gold ein Violett, die Farbe des Geistes, der Spiritualität, der Begegnung mit der Gegenwart Gottes - passend dazu die zwölf Früchte, die in derselben Farbe schön geordnet als Ernte des Baumes auf der rechten Seite auf dem Boden liegen.

 

In der christlichen Tradition begegnen und sie «zwölf Früchte des Geistes», in Anlehnung an Paulus, der sie den negativen Werken des menschlichen Wesens entgegenstellt:

 

«Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Güte, Rechtschaffenheit, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung.» (Galater 5,22) Dazu kommen Freundlichkeit, Langmut, Bescheidenheit.

 

Der Baum übernimmt das Blau der zweiten Umrahmung des goldenen Quadrats. Er steht im Garten Eden stellvertretend für alle Bäume, dessen Früchte sich der Mensch bedienen kann: «Und der HERR, Gott, liess aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen, begehrenswert anzusehen und gut zu essen.» (1. Mose 2,9)

 

Die letzte Umrandung übernimmt das Ocker des äusserst fruchtbaren Erdbodens im Garten Eden.

 

Die Fläche des Gartens ist durchzogen mit Wasser - mit einem Fluss, der sich in vier Arme teilt. Der erste fliesst in ein Land voller wertvoller Erdschätze. Der zweite bis ans Ende der damals bekannten Welt. Die beiden andern kennen wir heute noch: der Euphrat und Tigris, die mit ihrem Wasser eine erste Hochkultur ermöglicht haben und die Erfindung der Schrift. Auch da zeigt sich der himmlische Abglanz.

 

Doch dann ist da noch der rote Baum – mitten im Garten, von dem Gott den Menschen warnt:

 

«Vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse aber, von dem darfst du nicht essen, denn sobald du davon isst, musst du sterben.» (1. Mose 2,9)

 

Mitten in der Idylle erscheint ein Misston – die Farbe rot - dieser einzige Baum mit verbotenen Früchten. Er ist begehrenswert anzusehen.

«Der Baum der Erkenntnis». Er erinnert den Menschen an seine Freiheit und Verantwortung. Gott hat den Baum gepflanzt – und damit das Risiko der Versuchung. Kann der Mensch widerstehen?

 

Wir wissen es: Wir können es nicht. Wir alle tun es: Wir suchen die Grenzen, wir überschreiten die Grenzen – und erfahren die Folgen. Wir essen vom Baum der Erkenntnis. Und wir sind nicht mehr Menschen von jenseits von Gut und Böse.

 

Wir sind Menschen von Gut und Böse. Wir haben das Böse in uns. Alle, nicht nur die andern. Wir sind der Versuchung nicht gewachsen, tagtäglich ist es in uns.

 

Die Menschen werden sich zum Feind. Die Macht des Bösen steckt in uns. Blut wird vergossen. Viel Blut im Laufe der Geschichte, auch heute.

Doch nach wie vor bleibt uns auch die Wahl in dieser Welt voller Kampf. Wir können uns immer noch für das Gute entscheiden: «Überwindet das Böse mit Gutem» - so nennt Paulus unsere Aufgabe (Römer 12,2). Wir sind nicht einfach nur Opfer.

 

Noch etwas erscheint auf dem Bild: die Leiter. Sie liegt am Boden. Wurde sie gerade benutzt zum Ernten der guten Früchte an den zahllosen Bäumen, woran sich der Mensch daran erfreuen soll und sich bedienen darf?

 

Oder liegt sie da, wieder in diesem Purpur – und wir haben sie uns zur Bedienung am Baum der Erkenntnis benutzt?

 

Das biblische Symbol der Leiter: Es begegnet uns in der einsamen Sternennacht Jakobs im Traum mit der Himmelsleiter, nachdem er vor der Rache seines Bruders fliehen musste, nachdem er ihn um den Segen des als erster geborenen beraubt hat?

 

«Und er gelangte an einen Ort und blieb dort über Nacht, denn die Sonne war untergegangen. Und er nahm einen von den Steinen des Ortes, legte ihn unter seinen Kopf, und an jener Stelle legte er sich schlafen. Da hatte er einen Traum: Sieh, da stand eine Treppe auf der Erde, und ihre Spitze reichte bis an den Himmel. Und sieh, Boten Gottes stiegen auf ihr hinan und herab. Und sieh, der HERR stand vor ihm und sprach: Ich bin der HERR, der Gott deines Vaters Abraham und der Gott Isaaks. Das Land, auf dem du liegst, dir und deinen Nachkommen will ich es geben. Und deine Nachkommen werden sein wie der Staub der Erde, und du wirst dich ausbreiten nach Westen und Osten, nach Norden und Süden, und durch dich und deine Nachkommen werden Segen erlangen alle Sippen der Erde. Und sieh, ich bin mit dir und behüte dich, wohin du auch gehst, und ich werde dich in dieses Land zurückbringen. Denn ich verlasse dich nicht, bis ich getan, was ich dir gesagt habe. Da erwachte Jakob aus seinem Schlaf und sprach: Fürwahr, der HERR ist an dieser Stätte, und ich wusste es nicht. Und er fürchtete sich und sprach: Wie furchtbar ist diese Stätte! Sie ist nichts Geringeres als das Haus Gottes, und dies ist das Tor des Himmels.» (1. Mose 28)

 

Auch Jakob widerstand der Versuchung nicht. Und bleibt dennoch gesegnet.

 

Die Himmelsleiter: Sie steht für die weiterhin bestehende Beziehung zu Gott.

 

Die Leiter – die Sehnsucht nach dieser Beziehung zum Ursprung, zu unserer Ebenbildlichkeit. Auch im Menschsein bleiben wir Gottes Geschöpfe. Im grossen Prolog des Johannes – auch er beginnt mit der Schöpfung steht zuletzt die grosse Verheissung des Christus:

 

«Amen, amen, ich sage euch: Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf dem Menschensohn.» (Johannes 1,51)

 

 

TEIL VI

Die Vertreibung aus dem Paradies

 

Wir haben unsere Unschuld verloren. Wir sind damit keine Wesen jenseits von Gut und Böse. Zudem sind wir mit unserer Leiblichkeit vergänglich.

 

Ja, immer wieder zeigt sich das Gute und Böse in uns. Und wir leben nicht im Paradies, auch wenn die Sehnsucht in uns lebt.

 

Die Weitergabe des Lebens von Generation zu Generation, Schwangerschaft und Geburt, sind mit Beschwerden und grossen Schmerzen verbunden.

 

Auch das Verhältnis unter den Geschlechtern ist nicht einfach. Und der Lebensunterhalt ist mit harter Arbeit verbunden, mit viel Mühe und Schweiss und Schwielen. Und Scham und Schande sind unvermeidliche Teile unseres Lebens. Auch die Beziehung zu unserem Ursprung, zu Gott, unsere Religio, unsere Rückbindung ist für uns nicht einfach natürlicher und unbeschwerter Bestandteil unserer Existenz.

 

In der poetischen Sprache des Schöpfungsberichtes wird dies alles sehr nüchtern beschrieben, wobei allerdings dieser Bericht für uns heute auch grosse Fragen auslöst: Muss das wirklich so sein?

 

"Zur Frau sprach Gott: Ich mache dir viel Beschwerden und lasse deine Schwangerschaften zahlreich sein, mit Schmerzen wirst du Kinder gebären. Nach deinem Mann wirst du verlangen, und er wird über dich herrschen.

 

Und zum Menschen (Mann) sprach er: Weil du auf die Stimme deiner Frau gehört und von dem Baum gegessen hast, von dem ich dir geboten hatte: Du sollst nicht davon essen!: Verflucht ist der Erdboden um deinetwillen, mit Mühsal wirst du dich von ihm nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln wird er dir tragen, und das Kraut des Feldes wirst du essen. Im Schweiss deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zum Erdboden zurückkehrst, denn von ihm bist du genommen. Denn Staub bist du, und zum Staub kehrst du zurück. Und der Mensch nannte seine Frau Eva, denn sie wurde die Mutter allen Lebens. Und der HERR, Gott, machte dem Menschen und seiner Frau Röcke aus Fell und legte sie ihnen um.

 

Und der HERR, Gott, sprach: Sieh, der Mensch ist geworden wie unsereiner, dass er Gut und Böse erkennt. Dass er nun aber nicht seine Hand ausstrecke und auch noch vom Baum des Lebens nehme und esse und ewig lebe! So schickte ihn der HERR, Gott, aus dem Garten Eden fort, dass er den Erdboden bebaue, von dem er genommen war. Und er vertrieb den Menschen und liess östlich vom Garten Eden die Kerubim sich lagern und die Flamme des zuckenden Schwerts, damit sie den Weg zum Baum des Lebens bewachten."

 

«Nach einem Mann wirst du verlangen, und er wird über dich herrschen». Zurecht nehmen wir dies heute nicht mehr einfach als für immer gegeben an. Wir hinterfragen patriarchale Strukturen, auch wenn sie die in grossen Teilen dieser Welt nach wie vor beherrschend sind.

 

Bereits die Bibel lässt uns Ansätze erkennen, dass die Herrschaft des Mannes über die Frau nicht einfach nur für immer bestimmt und gottgegeben ist. Jesus pflegte einen für seine Zeit ungewöhnlichen Kontakt zu Frauen. Er wies sie nicht ab, wenn sie seine Nähe und Hilfe suchten. Sie waren die ersten Zeugen seiner Auferstehung. 

 

Ein neues Geschlechterverhältnis im Unterschied zur patriarchalen jüdischen und römischen Gesellschaft zeigt sich in der Folge bei Paulus, auch wenn sein Text bei uns wieder gewisse Fragen auslöst:

 

«Wir wollen uns einander unterordnen, in der Ehrfurcht vor Christus:

 

Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie unserem Herrn, denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist, er, der Retter des Leibes. Also: Wie die Kirche sich Christus unterordnet, so sollen sich die Frauen in allem den Männern unterordnen.

 

Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen und rein zu machen durch das Bad im Wasser, durch das Wort. So wollte er selbst die Kirche vor sich hinstellen: würdig, ohne Flecken und Falten oder dergleichen, denn heilig und makellos sollte sie sein. So sollen auch die Männer ihre Frauen lieben wie den eigenen Leib. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. Denn noch nie hat jemand sein eigenes Fleisch gehasst, nein, jeder nährt und pflegt es, wie auch Christus die Kirche, weil wir Glieder seines Leibes sind. Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Dies ist ein grosses Geheimnis; ich spreche jetzt von Christus und der Kirche. Doch das gilt auch für jeden Einzelnen von euch: Er liebe seine Frau so wie sich selbst, die Frau aber respektiere den Mann.»

 

Ist der Vorrang des Mannes tatsächlich einfach Gott gegeben? Oder sagt uns nicht gerade der einleitende Satz, dass es in der Beziehung von Mann und Frau um eine Gegenseitigkeit geht?

 

Und was heisst, sich einander unterzuordnen? Es wird im weiteren Text nicht als Beherrschung, sondern als ein Ausdruck der Liebe - als Bereitschaft, der oder dem anderen zuliebe sich selbst zurücknehmen. Verzicht auf ständige narzisstische Projekte, dem anderen zuliebe.

 

Spannend ist auch, dass in den damaligen Strukturen der (Gewalt-)Herrschaft des Mannes über die Frau der Mann sehr viel mehr herausgefordert wird als die Frau. Es geht für ihn letztlich um diese unglaublich vorbildliche Liebe, die uns in Christus begegnet und die sich ganz verschenkt. Und er soll seine Frau so lieben wie - hoffentlich - sich selbst und als Mann, der von seiner Frau respektiert wird.

 

In der Ikone von Danylo Movchan zeigt sich dies alles verdichtet in tiefster Symbolik. Eden, der himmlische Garten, ist uns verwehrt. Unser vergängliches Wesen begegnet uns in der Farbe des Erdbodens:  «Im Schweiss deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zum Erdboden zurückkehrst, denn von ihm bist du genommen. Denn Staub bist du, und zum Staub kehrst du zurück.» (1. Mose 3,19)

  

Und dennoch haben wir nicht einfach alles verloren. Ein Stück «Gold» ist uns geblieben, eine besondere Würde - und bedeckt hier die Scham des Menschen. Und die rote Farbe an den Brüsten der beiden weist uns hin auf die Leidenschaft ihrer gegenseitigen Liebe - und sie reichen einander die Hände und meistern gemeinsam das Leben mit seinen Freuden und Leiden.

 

Mythos

Das Wort kann Missverständnisse auslösen und den Reflex auslösen, dass es sich um eine frei erfundene Geschichte handelt - ein Märchen, das erzählt wird, den Kindern erzählt wird oder von solchen geglaubt wird, die nicht selber denken wollen. Ich meine aber in der ursprünglichen Bedeutung des Begriffes eine Erzählung mit stark symbolhaften Charakter, die das Menschsein mit Gott verbindet und sich mit grundsätzlichen Fragen wie die Entstehung der Welt und die Tatsache des Bösen beschäftigt.

 

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