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Wider das Vergessen

 

Lemberg - Die vergessene Mitte Europas

 

Mein Beitrag zum 1. August, in dem die Dankbarkeit für unser Land und der Vergleich mit der Situation in der Ukraine in der Mitte stand, hat nicht allen gefallen.

 

Ich erhielt eine Reaktion mit der Aussage: Ich bin froh, dass du keine Rede zum 1. August halten kannst. Denn ich bin gar nicht dankbar für unser Land. Dein Beitrag lenkt von der Situation bei uns ab. Wir erleben gegenwärtig durch die Pandemie-Massnahmen eine Diktatur durch den Bundesrat. 

 

Ich bleibe dabei: Ich bin dankbar. Auch für den Bundesrat, der meiner Meinung nach gemässigt reagiert hat. Sicher ist nicht alles perfekt bei uns gelaufen. Aber wer kann das schon behaupten?

 

Mein Vergleich mit der Ukraine war sehr bewusst formuliert nach meinem Erlebnis einer Reise im Frühling 2017. Damals haben einige reagiert: Was, du willst in die Ukraine? Ist das nicht gefährlich? Und was besonders sein, um dorthin zu reisen?

 

Der Wunsch, nach Lviv oder auf Deutsch Lemberg, zu reisen entstand nach einer Reise nach Krakau in Polen. Krakau ist eine sehr attraktive Stadt mit einer grossen Vergangenheit und zu Recht Weltkulturgut. Dort wurde mir bewusst, dass Krakau lange zu Galizien gehört, der östlichsten Provinz des österreichisch-ungarischen Kaiserreichs. Doch die Stadt war nicht das Zentrum. Das war Lemberg. Und ich las, dass die Altstadt von Lviv auch Weltkulturgut ist, ebenfalls entdeckenswert.

 

Zuvor las ich das damals neu erschienene Buch von Lutz Klevemann: "Lemberg - Die vergessene Mitte Europas".

 

 

Als wir auf der Suche nach den Spuren des Judentums in der Stadt waren, führte uns ein junger Mann durch die Synagoge. Sie wurde während der Sowjetzeit als Turnhallte genutzt, danach an die neu gegründete jüdische Gemeinde zurückgegeben. Diese sucht Mittel, sie renovieren und wieder nutzen zu können. Ich erzählte dem Mann vom Buch. Und er berichtete mir, dass er den Autor kennt. Er konnte ihm während dessen Recherchen hilfreich sein. 

 

Mehr zu Klevemann und seinen Entdeckungen:

 dctp.tv - Lemberg – die vergessene Mitte Europas

 

Lemberg und seine Geschichte. Wie gesagt: Die Stadt gehört zu Österreich-Ungarn (Habsburg).  Sie war ein sehr wohlhabendes Handelszentrum, was sich auch in prächtigen Bauten zeigt, oft im Jugendstil. Die Stadt, die im geographischen Mittelpunkt Europas steht, hatte eine multikulturelle Bevölkerung. Die grösste Gruppe waren Polen, dann Ruthenen (Ukrainer), sehr viele Juden und auch Deutsche und Armenier.

 

Nach dem ersten Weltkrieg wurde Ostgalizien Teil des neu gegründeten Staates Ukraine. Doch das dauerte nicht lange. Nach der Russischen Revolution wurde gegen den Willen der Bevölkerung die Ukraine Teil der Sowjetunion und russizfiziert. Die ukrainische Sprache wurde verboten. Der reiche Bauernstand wurde als Teil des Bürgertums angesehen, vom kommunistischen Staat enteignet und verfolgt. Obwohl die Ukraine die besten Ackerböden Europas besitzt und als "Getreidekammer Europas" bezeichnet wurde, litten nicht nur die Bauern Hunger. Sieben Millionen verhungerten. Dieses Verbrechen wird als "Holodomor" bezeichnet. Die Ukraine musste ihre Lebensmittel gnadenlos an Russland abliefern, da dort Hunger drohte.

 

Nach der Machtergreifung Hitlers kam es zum Hitler-Stalin Pakt. Ostgalizien wurde Polen angegliedert, Polen überfallen und Untertanengebiet des Deutschen Nazi-Reichs. Als Hitler schliesslich die Sowjetunion überfiel, wurden grosse Teile der Ukraine ebenfalls deutsches Untertanenland. Zuerst atmete die Lemberger Bevölkerung auf, da sie Hitler für das geringere Übel als Stalin betrachteten. Dann aber litt sie zunehmend am neuen Regime. Tragisch wurde es für die über 170 000 Juden in der Stadt. Sie wurden Teil der "Endlösung der Judenfrage". Das bedeutete ihre Vernichtung (Holocaust).

 

Nach der Niederlage wurde Ostgalizien Teil der sowjetischen Teilrepublik Ukraine und erneut russifiziert. Die polnische Bevölkerung wurde nach Schlesien umgesiedelt, die dortige deutsche Bevölkerung vertrieben. Nun war Lemberg nicht mehr eine blühende Handelsstaat mit multikultureller Bevölkerung. 

 

1991 zerfiel die Sowjetunion und in der Folge davon ermöglichte Gorbatschow die Gründung eines neues ukrainischen Staates. Das Ukrainische wurde zur Landessprache. Doch die ersten Jahre waren chaotisch. Einie wenige Schlaue rissen sich die wirtschaftlich-fetten Stücke an sich. Eine korrupte Oligarchie herrschte, was zu einem enormen Graben zwischen arm und reich führte. 

 

Dann kam es Kiew zur zum grossen Teil friedlichen Maidan-Revolution. Der korrupte und Russland-hörige Präsident wurde vertrieben. Neuer Präsident wurde der unabhängige noch junge Wolodomir Selenski. Die Ukraine hoffte auf Unterstützung der Weltgemeinschaft und dass sie ein Teil des westlichen Europas werden könnte. Doch erneut griff Russland, diesmal unter Putin, ein. Der östlichste Teil, der Donbass mit seinen reichen Bodenschätzen und vorwiegend russischsprachigen Bevölkerung wurde besetzt. Ebenso die Krim am Schwarzen Meer mit seinen Stränden mit Mittelmeerklima und seinen Bergen. 

 

Die Weltgemeinschaft blieb bis heute passiv gegenüber der Verletzung der Souveränität der Ukraine. Der Konflikt kostete bisher fast 13 000 Menschen das Leben. Die Ukraine lebt in dieser Situation in ständiger Anspannung und kann, bedingt durch die Unsicherheit, sich nur beschränkt entwickeln. Immer mehr Ukrainer finden im übrigen Europa. Vor allem in Polen, Tschechien und der Slowakei ist der Arbeitsmarkt ausgetrocknet und die gut ausgebildeten Ukrainer willkommen.

 

Die Ukraine und vor allem auch der westliche Teil beginnt aber aufzublühen, was in Lemberg deutlich sichtbar wird. Lemberg hat eine junge Bevölkerung, bedingt durch Universitäten und andere Ausbildungsmöglichkeiten. Die jungen Leute sind "hungrig": Sie wollen Veränderung, sind interessiert, entwickeln Initiativen. Das Kulturleben ist äusserst bunt geworden. Das macht die Stadt auch für westliche Besuchende attraktiv. Zudem gibt es eine sehr gute internationale Gastro-Szene und auch viele, für uns oft sehr preisgünstige Hotels, Hostel und AirBnB-Privatunterkünfte.

 

Auch die alte Kultur der handwerklichen Schokoladeherstellung ist aufgelebt, ebenso der Kaffeehandel. Meine Bilder spiegeln etwa von dieser Vielfalt und Attraktivität.

 

Es lohnt sich, den östlichen Teil Europas zu entdecken. Lemberg ist mehr als eine Reise wert. Ich werde sicher wieder hinfliegen (Lemberg hat auch einen neuen Flughafen). Wer interessiert ist, darf sich gerne melden und mit mir und meiner Frau die Stadt und Umgebung entdecken.

 

 

 

 

 

Lemberg - Die Mitte Europas

 

Leider ging mir der Text verloren... Aber er kommt noch. 

 

Lemberg - mehr als eine Reise wert.  - Im Frühling 2017 besuchten meine Frau und ich diese Stadt. Zuvor las ich das damals neu erschienene Buch von Lutz Klevemann.

 

Als wir auf der Suche nach den Spuren des Judentums in der Stadt waren, führte uns ein junger Mann durch die Synagoge. Sie wurde während der Sowjetzeit als Turnhallte genutzt, danach an die neu gegründete jüdische Gemeinde zurückgegeben. Diese sucht Mittel, sie renovieren und wieder nutzen zu können. Ich erzählte dem Mann vom Buch. Und er berichtete mir, dass er den Autor kennt. Er konnte ihm während dessen Recherchen hilfreich sein.

 

 

dctp.tv - Lemberg – die vergessene Mitte Europas

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